Image
Foto:

Der Praktische Tierarzt

Die Atypische Myopathie des Pferdes – spielt enterale Metabolisierung des Hypoglycin A eine Rolle im Hinblick auf die toxische Wirkung?

Equine atypical myopathy – is enteral metabolism of hypoglycin A of importance in regard to its toxic effects?

Der Praktische Tierarzt 98, 1262-1270

DOI: 10.2376/0032-681X-17-78

Publiziert: 11/2017

Zusammenfassung

Hypoglycin A (HGA), welches unter anderem in Früchten des Bergahorns enthalten ist, und Metaboliten des HGA wurden mit der Atypischen Myopathie des Pferdes in Verbindung gebracht. Eine intestinale Resorption der nicht proteinogenen Aminosäure HGA wurde bereits nachgewiesen. Nach Aufnahme und Umwandlung in die Metaboliten werden biochemische Veränderungen ausgelöst, die dem multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel des Menschen sehr ähneln. Durch Inhibierung diverser Acyl-CoA-Dedhydrogenasen akkumulieren Acylcarnitine und freies Carnitin. Der mitochondriale Energiestoffwechsel ist gestört, sodass die anaerobe Energiegewinnung überwiegt und eine Übersäuerung die Folge ist. Symptomatisch weisen die Pferde eine Pigmenturie, muskuläre Steifheit und Schwäche auf. Der Verlauf ist häufig rasch progressiv bis hin zum Festliegen. Die Therapie basiert auf der Unterstützung des Flüssigkeits- und Energiehaushaltes der Tiere, wobei die Überlebensrate gering ist. Zusätzlich erscheint es ratsam, Aktivkohle sowohl erkrankten als auch symptomlosen Weidepartnern zu verabreichen, um eine weitere Resorption des HGA zu verhindern.

Die Pathogenese der Atypischen Myopathie ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Detail bekannt. Unklar ist beispielsweise die Lokalisation der Metabolisierung des aufgenommenen HGA. In Ussing-Kammer-Untersuchungen wurde keine Bildung der Metaboliten in der Darmwand des Jejunums nachgewiesen. In der vorliegenden Untersuchung wurde eine mögliche Metabolisierung durch die luminal lokalisierten Mikroorganismen mithilfe eines Colon-Simulationstechnik-Versuchs (Cositec) untersucht. Von hoher Bedeutung ist es sicherlich, die intestinale Resorption von HGA zu verhindern, beispielsweise durch Applikation von Aktivkohle. Dagegen deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf hin, dass der Darm im Hinblick auf die Umwandlung von HGA in toxische Metaboliten von geringer Bedeutung zu sein scheint.

Resorption
Ussing-Kammer-Technik
Cositec
Adsorptionsmittel

Summary

Hypoglycin A (HGA) and its metabolites have been associated with equine atypical myopathy (AM). AM is often fatal and can be treated solely symptomatically. Intestinal absorption of HGA was already investigated. After absorption and metabolism of HGA, biochemical modification is triggered similarly to congenital multiple acyl CoA dehydrogenase deficiency. Acyl CoA dehydrogenases are inhibited and acylcarnitines and free carnitine accumulate. The mitochondrial production of energy is impeded and anaerobe processes predominate with the consequence of an increase in cell acidity. Horses with AM symptomatically show pigmenturia, stiffness and weakness, frequently progressing to recumbency. Therapy is supportive and based on hydration and energy supply. Equine atypical myopathy still carries a poor prognosis. Activated charcoal administered to diseased horses as well as to healthy cograzers can reduce the further absorption of HGA.

To date, the mechanisms of pathogenesis, i.e. the main location of the metabolism of HGA to its toxic metabolites, is not understood completely. HGA-metabolites were not found in Ussingchamber studies of equine jejunum. In this study we investigated a potential intestinal metabolism by luminal microorganisms and performed a Colon simulation technique trial. Luminal microorganisms did not produce significant amounts of HGA metabolites. It can be concluded that extraintestinal organs play the leading part in HGA metabolism in horses.

absorption
Ussing chamber technique
Cositec
adsorbens

Kostenfreier Download

Klicken Sie hier, wenn Sie das PDF DPT_201712_1262_onl300.pdf (1.5 MB) herunterladen möchten

Image
ahornblatt.jpeg
Foto: photobars - stock.adobe.com

Toxin

Hypoglycin A in der Kuhmilch

Samen und Keimlinge des Bergahorns enthalten ein Gift, das Mensch und Tier gefährlich werden kann. Bei Pferden führt Hypoglycin A zur Atypischen Weidemyopathie. Bei Kühen lässt es sich in der Rohmilch nachweisen.

Image
Foto: Schlütersche Verlagsgesellschaft