Syndrom eines verminderten Wachstums bei Fleckvieh-Rindern und Literaturübersicht zum Zwergwuchs beim Rind
Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 130
DOI: 10.2376/0005-9366-17031
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2017
Publiziert: 12/2017
Summary
Two Fleckvieh heifers from the same dairy farm were born at term with normal body size and weight for their breed. Growth rate was severely reduced from an age of three to four months. Case 1 became evident in 2014 and case 2 in 2016. The sire of case 1 was a carrier of the Fleckvieh-haplotype 2 (FH2) associated with the Fanconi-Bickel syndrome. The affected heifers had a common male ancestor three (case 1) and four (case 2) generations back. The relationship coefficient between the two cases was 1.65% and both cases had a homozygosity region (ROH) at the FH2-haplotype region in common. The clinical, laboratory and pathohistological examinations suggest a mild form of the Fanconi-Bickel syndrome. Sequencing amplicons containing the genetic variants rs379675307 and rs723240647 located within SLC2A2 and GON4L for both cases did not confirm the disease associated mutations. Further PLD4 and APOB mutations associated with reduced growth were excluded using sequence analysis or PCR-based RFLP. In conclusion, the present cases present a not yet known mild form of the Fanconi-Bickel syndrome in Fleckvieh which cannot be explained through the previously reported mutation within SLC2A2 associated with growth retardation or the GON4L variant associated with dwarfism in Fleckvieh. Common ancestry, phenotypically normal parents and FH2-ROH suggest a recessive condition.
Zusammenfassung
Im Alter von drei bis vier Monaten fiel bei zwei Fleckvieh-Jungrindern aus demselben Milchviehbetrieb eine deutliche Verminderung des Wachstums auf. Die Rinder hatten ein der Rasse entsprechendes Geburtsgewicht und eine entsprechende Körpergröße. Fall 1 wurde im Jahre 2014 und Fall 2 im Jahre 2016 geboren. Das Vatertier von Fall 1 war als Träger des mit dem Fanconi-Bickel-Syndrom assoziierten Fleckvieh-Haplotypen 2 (FH2) bekannt. Beide betroffenen Rinder hatten einen gemeinsamen männlichen Vorfahren vor drei (Fall 1) bzw. vier (Fall 2) Generationen sowie eine Homozygotie-Region (ROH) in der FH2-Haplotyp-Region. Die klinischen, laborchemischen und pathohistologischen Untersuchungen lassen den Schluss auf eine milde Form des Fanconi-Bickel-Syndroms zu. Die Sequenzierung von einem Amplicon, das den Abschnitt des SLC2A2-Gens mit der Fanconi-Bickel-Syndrom assoziierten Variante (rs379675307) enthält sowie eines weiteren Amplicons, das im GON4L-Gen liegt, und die beim Fleckvieh mit Zwergwuchs assoziierte Variante rs723240647 enthält, erbrachte keinen Nachweis von Mutationen. Weitere mit verzögertem Wachstum assoziierte Mutationen in den Genen PLD4 und APOB konnten ebenfalls ausgeschlossen werden. Daraus ergab sich die Schlussfolgerung, dass die hier vorliegenden Fälle eine bisher nicht bekannte milde Form des Fanconi-Bickel-Syndroms darstellen, die weder durch die bekannte Mutation im SLC2A2-Gen erklärt werden können noch durch weitere molekulargenetisch aufgeklärte Ursachen. Die gemeinsame Abstammung, die phänotypisch unauffälligen Eltern und die FH2-ROH lassen ein rezessives Merkmal vermuten.