Gefahren durch rohes Ei und rohen Fisch
Ungekochte Eier und viele rohe Fische enthalten Stoffe, die Vitamine binden und dadurch deaktivieren. Sind diese Nahrungsmittel für die Rohfütterung von Hunden tabu?
Dalmatian dog holding a fish in his mouth isolate closeup. Photo in studio. Portrait of a hunter prey.
Von Dr. med. vet. Viola Melchers
Die Rohfütterung ist in der Hundeernährung inzwischen sehr populär. Doch nicht alle Futtermittel dürfen ungekocht verfüttert werden. Bei Vollei und Fisch war Tierärztin und Hundezüchterin Helena Niehof sich unsicher und fragte deshalb den Experten für Tierernährung im fachforum kleintiere, Jürgen Zentek.
Vollei, Dotter und Eiklar
Rohe Eier enthalten Avidin, ein Glykoprotein, welches Biotin (Vitamin H) binden kann. Experimentell wurde gezeigt, dass bei Gabe von Eiklar ein Biotinmangel auftritt. Niehof hatte von überzeugten Rohfütterern nun gehört, dass Vollei dennoch ungekocht gegeben werden könne: Avidin sei nur im Eiweiß enthalten, während das Eigelb einen besonders hohen Biotingehalt habe. Bei der Fütterung von Vollei solle das Biotin im Dotter den Verlust durch das Avidin ausgleichen.
Zentek bestätigt, dass Avidin nur im Eiklar enthalten ist. Der Dotter kann problemlos auch roh verfüttert werden. Die Rohfütterung ganzer Eier empfiehlt der Experte hingegen nicht. Ob das Biotin im Eidotter wirksam ist, muss bezweifelt werden, weil Avidin eine sehr feste Bindung mit Vitamin H eingeht. Die regelmäßige Fütterung ganzer roher Eier empfiehlt Zentek daher nicht, eine gelegentliche Gabe (einmal wöchentlich) stellt kein Problem dar.
Fisch ist nicht gleich Fisch
Thiaminase ist ein Enzym, das Thiamin (Vitamin B1) inaktiviert. Hunde können wie Pferde das Vitamin zwar selbst im Dickdarm bilden, das reicht jedoch nicht zur Bedarfsdeckung. Die Aufnahme von Thiaminasen kann daher bei häufiger Gabe von rohem Fisch durchaus zum Problem werden, erklärt der Ernährungsexperte. Dies trifft auch zu, wenn roher Fisch gegeben wird, der tiefgefroren gelagert wurde. Die Thiaminase wird durch das Gefrieren nicht inaktiviert.
Nicht alle Fischarten enthalten Thiaminase. Leider variieren die Angaben zum Enzymgehalt in der Literatur erheblich, sodass es nicht leicht ist, herauszufinden, welche Fische unbedenklich verfüttert werden können. Grundsätzlich falsch ist jedenfalls die Daumenregel, dass nur Süßwasserfische Thiaminase enthalten würden, marine Arten aber nicht. Vermutlich enthält etwa die Hälfte aller Fischarten Thiaminase.
Diese beliebten Speisefische enthalten keine Thiaminase:
Kabeljau (Gadus morhua)
Seelachs (Pollachius virens)
Makrele (Scomber scombrus)
Rotbarsch (Sebastes marinus)
Hier finden Sie eine (englischsprachige) Liste von Fischarten und ihren Thiaminasegehalten.
Praxistipp: Kennen Sie schon unsere Tierhalterbroschüre 10 Fragen und Antworten zum Thema Ernährungsmythen? Darin klären wir unter anderem, ob Fleisch das beste Futter für Hunde ist und gehen auf weitere Mythen der Tierernährung ein. Gerne können Sie den handlichen Ratgeber kostenfrei für Ihre Praxis bestellen.
Über die Autorin
Als Fachjournalistin arbeitet Dr. med. vet. Viola Melchers vor allem für die Fachzeitschrift Der Praktische Tierarzt und das Portal Vetline.de. Die promovierte Tierärztin schreibt über Spannendes aus der veterinärmedizinischen Praxis und Wissenschaft.
Passend zu diesem Artikel
Das Heimtier des Jahres 2024 steht fest: Der Zebraharnischwels überzeugt durch sein Streifenmuster und seinen Status als potenziell vom Aussterben bedrohte Art.
Ein neuer Subtyp des FIP-Virus, FCoV-23, ist anscheinend für die schnelle Ausbreitung der FIP in Zypern verantwortlich. Das Virus löst FIP aus und könnte von Katze zu Katze direkt übertragbar sein.
Eins Studie enthüllt, wie schmal der Grat zwischen Nutzung und Ausnutzung von Wirbeltieren ist.