Der Praktische Tierarzt 93, 886-893
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2012
Publiziert: 10/2012
Zusammenfassung
Zu den häufigeren Vergiftungen, die in dertierärztlichen Praxis vorgestellt werden, gehört auch die Metaldehyd-Intoxikation. Während Katzen eher selten betroffen sind,können zugängliche – meist angebrochene – Packungen mit Schneckenkornfür Hunde durchaus attraktiv sein und deren Inhalt dannauch in großen Mengen aufgenommen werden. Das recht typischeSymptombild mit initialer gastrointestinaler Symptomatik zusammenmit Ängstlichkeit und Hecheln und gefolgt von Koordinationsstörungenund neurologischen Symptomen, die in Krämpfen undKoma gipfeln können, wird meist begleitet von Fieber, was im englischenSprachraum zur Bezeichnung „Shake and bake-Syndrom“geführt hat. Wenn die Tiere erbrechen bzw. nach Magen- oderDarmspülung kann oft eine blaugefärbte Masse gefunden werden,die ebenfalls ein starker Hinweis auf die Aufnahme von Schneckenkornist. Da Metaldehyd zu Acetaldehyd und im Weiteren zuEssigsäure verstoffwechselt wird, kommt es vielfach zu einer metabolischenAzidose. Bei konsequenter Therapie kann die Vergiftungohne bleibende Schäden überlebt werden. Die Behandlungist symptomatisch und muss darauf abzielen, noch vorhandenesGift aus dem Körper zu entfernen, sowie eine Krampfbehandlungmit Diazepam oder Barbituraten einschließen. Als Spätfolge derMetaldehyd-Intoxikation kann eine Leberschädigung auftreten. ZurVerhinderung von Vergiftungsfällen ist eine gründliche Aufklärungder Patientenbesitzer über das Vergiftungsrisiko erforderlich. Auchandere Haustiere außer Hund und Katze können, wenngleich selten,eine Metaldehyd-Intoxikation erleiden. Einzelberichte hierzubetrafen Rinder, Pferde und kleine Wiederkäuer, die Zugang zuKöder in größerer Menge hatten. Eine Schneckenkorn-Vergiftungmuss daher auch bei diesen Spezies differenzialdiagnostisch beientsprechendem Symptombild in Erwägung gezogen werden. DasVergiftungsrisiko für wildlebende Tiere, einschließlich Igel, wirdals sehr gering eingestuft, ebenso sind im Wasser lebende Organismennicht durch die Ausbringung von Metaldehyd als Pflanzenschutzmittelgefährdet.Summary
Toxicity of metaldehyde in the dog and catMetaldehyde intoxication is among the more commonintoxications that veterinarians may be confronted with. While it isa rare event in cats, dogs may be attracted by open bait boxes andpossibly ingest larger amounts. The rather typical symptoms areinitial salivation and emesis, anxiety and hyperpnea, followed byincoordination, seizures and convulsions. The typical combinationwith fever is the reason for the name “shake and bake syndrome”,describing the typical presentation of patients. After vomiting/diarrhea,or as result of gastric and intestinal lavage, a blue mass isoften produced and gives another hint to the underlying cause. Sincemetaldehyde is metabolized to acetaldehyde and then to aceticacid, respectively, metabolic acidosis is often encountered. Withconsequent therapy, the intoxication may well be survived leavingno lasting damages. Treatment is symptomatic and predominantlyaims at removal of the agent, combined with anticonvulsant therapywith diazepam and barbiturates. As a sequel of metaldehydeintoxication, liver damage may occur later. In order to prevent intoxications,patient owners must be carefully advised on the riskof toxin intake. Pets other than dogs and cats may also suffer frommetaldehyde intoxication. Literature reports are however rare anddeal with single cases of horses, cattle and goat that eventually ingestedlarger amounts of accessible slug or snail bait. Accordingly,in cases with respective symptoms, metaldehyde toxicosis must beconsidered as differenzial diagnosis also in these species. The riskof intoxication for wild animals, including hedgehogs, can be consideredas negligible. This holds also true for aquatic organisms.