Gegenwärtige rechtliche Lage essbarer Insekten in Europa
Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 132
DOI: 10.2376/0005-9366-18087
© Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. 2019
Publiziert: 04/2019
Summary
Consuming insects is an ancient food habit that is practised by approx. 2.8 billion humans in most areas of the world. In Western culture, this food habit has been largely abandoned, but its recent promotion by the FAO lead to a novel approach in Europe with the intention to establish food insect production under modern circumstances. Running a food business requires legal framework, and the aim of this survey was to document the current legal status of edible insects in all European countries. Data was obtained by contacting corresponding authorities directly or via their embassies in Germany.
For EU members, the amendment of the novel food regulation (2015/2283) is the only legal document that mentions insects as foodstuff directly. It merely sets the base on how to apply for a given insect species to be included in the Union’s list for allowed foodstuffs. So far, a specific section in Regulation (EC) 853/2004 (as for other foodstuffs) has been missing. Yet, some EU (Austria, Belgium, Denmark, Finland, and the Netherlands) and non-EU countries (Liechtenstein, Norway, and Switzerland) have issued national guidelines which are presented and discussed in this survey. They basically intend to incorporate a given set of insect species into ordinary food legislation, pointing out differences to respectively adding specifics not contained in the latter. These guidelines are characterised by a strong degree of heterogeneity, e.g. in relation to insect species and microbiological criteria. Special situations were documented for Spain and Portugal. Croatia, Estonia, Ireland, Luxembourg, and Slovenia only allow insect business to the extent of EU laws, while Sweden does not allow it at all. Albania, Azerbaijan, Bosnia and Herzegovina, Bulgaria, Cyprus, Kazakhstan, Monaco, Romania, Russian Federation, Slovakia, and Turkey failed to answer. The rest of the countries is characterised by a legal uncertainty, converting entomophagy into a legal grey zone. However, the present paper is conceived as a snapshot of a process that is constant development.
The national guidelines can provide a valuable source for any enhancement of the EU regulation.
Zusammenfassung
Der Verzehr von Insekten ist eine uralte Lebensgewohnheit, die heutzutage von mehr als 2,8 Milliarden Menschen in den meisten Regionen der Welt praktiziert wird. Im westlichen Kulturkreis wurde diese Gewohnheit weitestgehend eingestellt, doch die jüngste Förderung durch die FAO hat in Europa insofern zu einer neuen Annäherung geführt, als dass nun Speiseinsekten unter modernen Gesichtspunkten gezüchtet werden sollen. Zum Führen eines Betriebes ist der gesetzliche Rahmen wichtig und die Zielsetzung dieser Untersuchung war es, den gegenwärtigen gesetzlichen Rahmen für Speiseinsekten in allen europäischen Ländern zu dokumentieren. Die Informationen hierzu wurden durch den direkten Kontakt mit den entsprechenden Behörden oder über deren Botschaften in Deutschland erhoben.
Für EU-Mitgliedstaaten ist die Gesetzesnovelle der Verordnung über neuartige Lebensmittel (2015/2283) das einzige Dokument, das Insekten als Lebensmittel direkt erwähnt. Es legt lediglich die Grundlagen zur Antragstellung dar, um eine bestimmte Insektenart als neuartiges Lebensmittel anerkennen zu lassen und somit in die Unionsliste zu übernehmen. Ein besonderer Abschnitt in der VO 853/2004 (wie für andere Lebensmittel) fehlt bislang. Allerdings haben sowohl einige EU-Staaten (Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland und die Niederlande) wie auch Drittländer (Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) nationale, empfehlende Leitlinien herausgebracht, die in dieser Untersuchung vorgestellt und diskutiert werden. Grundsätzlich wird dabei versucht, eine bestimmte Gruppe von Insektenarten in die herkömmliche Lebensmittel-Gesetzgebung einzufügen und auf notwendige Unterschiede zu diesen hinzuweisen bzw. diese spezifisch zu regeln.
Diese Leitlinien sind untereinander sehr unterschiedlich, z.B. bezüglich der Insektenarten und der mikrobiologischen Kriterien. Besondere Gegebenheiten wurden in Spanien und Portugal dokumentiert. Kroatien, Estland, Irland, Luxemburg, Slowenien erlauben Insektenbetriebe nur im Rahmen der EU-Gesetzgebung, während Schweden sie nicht erlaubt. Albanien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Zypern, Kasachstan, Monaco, Rumänien, die Russische Föderation, Slovakei und Türkei haben nicht geantwortet. Bei den restlichen Ländern herrscht gesetzliche Unsicherheit vor, so dass Entomophagie in einer gesetzlichen Grauzone stattfindet. Der vorliegende Beitrag versteht sich als Momentaufnahme eines im stetigen Wandel befindlichen Prozesses. Die nationalen Leitlinien können einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesetzgebung in der EU leisten.