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Wirkung von Gerbstoffen bei Kälberdurchfall

Der vermehrte Einsatz von Phytotherapeutika in Human- und Tiermedizin ist nicht zuletzt auch ein Versuch, die Anwendung von Antibiotika und deren Rückstände in der Umwelt zu reduzieren. Eine Studie hat nun den Effekt von Tanninen beim Kälberdurchfall untersucht.

Kälberdurchfall, insbesondere der von Neugeborenen, ist ein häufiges Problem in Milchviehbetrieben. Behandlungskosten, verringerte Wachstumsraten und nicht zuletzt auch der Verlust von Tieren führen für den Landwirt zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten. In der hier beschriebenen Studie sollte der Effekt von oral verabreichten Tanninen auf die Dauer der Durchfallsymptome bei Kälbern untersucht werden.

Tannine (polyphenolische Verbindungen) sind pflanzliche Gerbstoffe, die beispielsweise in der Rinde und im Holz von Eichen, Birken oder auch Kastanien zum Schutz vor Pathogenen enthalten sind. Sie haben adstringierende und antiinflammatorische Eigenschaften, beeinflussen die Aktivität der Mikrobiota im Pansen und haben eine hemmende Wirkung auf das Bakterienwachstum. Auf diese Weise helfen sie, den Verdauungsprozess wieder zu normalisieren. Durch Bindung von Nahrungsproteinen im Pansen verhindern sie den vorzeitigen Abbau dieser Proteine. Wenn sich diese Tannin-Protein-Komplexe dann im Labmagen wieder voneinander lösen, stehen dem Dünndarm größere Mengen an Proteinen für die Verwertung zur Verfügung – eine bessere Leistung der Tiere ist die Folge.

Studienaufbau
In einer geblindeten In-vivo-Studie wurde in einem Milchviehbetrieb eine Kälbergruppe von 60 Kälbern untersucht. Von diesen erkrankten während des Studienzeitraums 24 Kälber an Durchfall. Es wurden die typischen Durchfallerreger Kryptosporidien, Rota- und Coronaviren und Escherichia (E.) coli nachgewiesen. Per Zufall wurden die betroffenen Tiere entweder der Kontrollgruppe oder der Behandlungsgruppe zugeteilt. Alle 24 Kälber erhielten zwei Liter Effydral®-Lösung nach Anweisung, die Behandlungsgruppe erhielt oral zusätzlich noch 10 mg Tanninpulver, gewonnen aus Kastanien.

Schneller auf den Beinen
Der Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen war signifikant (p = 0,02). Während die Kontrollgruppe im Durchschnitt 10,1 (± 3,2) Tage lang Durchfallsymptome zeigte, waren die Symptome bei den Tieren der Behandlungsgruppe bereits nach 6,6 (± 3,8) Tagen verschwunden.

Fazit
Der Einsatz von Tanninen ist nicht aufwendig und wird von den Kälbern gut akzeptiert. Offensichtlich haben Tannine einen positiven Einfluss auf den in Mitleidenschaft gezogenen Darm und führen tatsächlich zu einer Hemmung der Erreger. Die Frage ist, ob eine alleinige Behandlung mit Tanninen gerade bei widerstandsfähigen Erregern wie Kryptosporidien oder Viren alles sein kann. Zudem müssten die Ergebnisse in einer größeren Studie bestätigt werden.
 

Originalpublikation:
Bonelli F, Turini L, Sarri G, Serra A, Buccioni A, Mele M (2018): Oral administration of chestnut tannins to reduce the duration of neonatal calf diarrhea. BMC Vet Res 14: 227.
DOI 10.1186/s12917-018-1549-2.

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