Als mich meine Kollegin Viola Melchers vor ein paar Monaten fragte, ob ich mir vorstellen könnte, in Zukunft eine monatliche Mental-Health-Kolumne für Der Praktische Tierarzt zu schreiben, hat mich das doppelt gefreut. Zum einen, weil ich schon immer gern eine Kolumne schreiben wollte und das Format mag und zum anderen, weil die psychische Gesundheit der Berufsgruppe eines meiner Herzensthemen ist.
Wenn die Psyche „Stopp!“ schreit
Ich bin selbst Tierärztin, arbeite aber schon lange Zeit als Redakteurin. Das Schreiben leert meinen Kopf und immer, wenn mich ein Thema beschäftigt, greife ich zum Stift. Wie wichtig neben einem funktionierenden Körper ein gesunder Geist ist, habe ich erfahren, als mir meine mentale Gesundheit plötzlich die rote Karte zeigte. Seit mich Panikattacken und eine depressive Episode in eine psychiatrische Tagesklinik führten und ich mehrere Monate brauchte, um in die Normalität des Alltags zurückzufinden, tue ich alles dafür, um meine mentale Gesundheit zu beschützen.
Nehmt Hilfe an!
Studien zeigen immer wieder, dass auch Tierärzte in der Praxis das gleiche machen sollten: sich selbst und ihre psychische Gesundheit priorisieren. Denn leider scheint die Berufsgruppe im Sprint um die innere Zufriedenheit weiterhin weit abgeschlagen. Woran das liegt, wissen Sie, die in der Praxis arbeiten, am besten – die Liste der mentalen Stressoren ist lang, zumal auch das Leben außerhalb der Praxis kein Ponyhof ist. Wie vulnerabel Menschen für Stressoren sind und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, psychisch zu erkranken, hängt im Übrigen von zahlreichen Faktoren ab und ist individuell verschieden.
Eines hat mir mein „Lehrmeister Depression“ beigebracht und das hat auch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Karolina Kantor auf dem Leipziger Tierärztekongress bestätigt: Jeder kann in die Situation kommen, dass der berühmte Tropfen das eigene Fass nicht nur zum Überlaufen bringt, sondern mit einem Schlag leert. In diesen Fällen ist es wichtig, möglichst schnell nach Hilfe zu suchen und diese auch in Anspruch zu nehmen. Hierbei ist ein unterstützender Kollegenkreis, der zuhört und entlastet, eine große Hilfe, auch wenn er keine Therapie ersetzen kann.
Wo bekomme ich Hilfe?
Halten Symptome wie Antriebslosigkeit, Konzentrationsverlust, Schuldgefühle, Appetitverlust und Schlafstörungen über mehr als zwei Wochen an, rät Karolina Kantor dazu, erstmal zum Hausarzt zu gehen. Ebenso müsse die Kassenärztliche Vereinigung einem Hilfesuchenden innerhalb von vier Wochen einen Platz beim Facharzt vermitteln. Bei der Suche nach einem Psychotherapeuten braucht es einen langen Atem, doch hier kann ich zumindest einen Tipp weitergeben: Therapeuten in Ausbildung haben häufig schneller einen Platz frei, sind motiviert und können sich nochmal anders in die junge Berufsgruppe hineinversetzen. Außerdem stehen sie unter Supervision, werden also immer von erfahrenen Therapeutinnen und Therapeuten begleitet.
Unsere Kolumne „Sicher durch den Praxisalltag“ erscheint ab März 2024 monatlich in Der Praktische Tierarzt und soll belasteten Tierärztinnen und Tierärzten helfen, denn #mentalhealthmatters!